PC069 Angehörige psychisch Erkrankter: was sie beschäftigt, wie sie helfen können.

In der 69. Ausgabe des PsychCasts sprechen wir über den Einbezug von Familienmitgliedern, Partnern etc. in die verschiedenen Formen der Behandlung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen und beleuchten einige spannende Aspekte dazu. Wir freuen uns, Euch endlich diese ruhige und unaufgeregte Folge unseres Podcasts präsentieren zu können und blicken bereits gespannt auf die Folge 70, in der wir Euch eine Auswahl Eurer Fragen der letzten Monate beantworten werden.

Einen schönen Sommer wünschen Alex & Jan!

Unser Dank gilt dem äußerst verlässlichen PsychCast-Freundeskreis! Ihr macht das hier möglich, Freundinnen und Freunde!

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9 Gedanken zu „PC069 Angehörige psychisch Erkrankter: was sie beschäftigt, wie sie helfen können.“

  1. Sehr wichtig ist die Psychoedukation, d.h. auch die Angehörigen werden über die Störung vom Therapeuten informiert bzw. informieren sich selbst an Hand von Fachliteratur oder qualifizierten Artikeln im Internet.

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  2. Interessante Sichtweise. Und angenommenen ich hätte als Patient ein eher schädliches Verhältnis zu meinen Angehörigen und möchten nicht, dass Informationen ausgetauscht werden oder Kontakt zu meinen Behandlern hergestellt wird, also auch nicht dass der Arzt 15 Minuten nur zuhört. Und dies meinen Behandlern so auch ausdrücklich mitteile. Muss das dann berücksichtigt werden oder darf man dann trotzdem darüber hinweggehen und sich die Sichtweise der Angehörigen anhören?
    VG

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    • wenn Du das mit Deinem therapeuten besprichst, hält er sich daran, das glaube ich , es wäre ja sonst das vertrauensverhältnis zerstört und damit der behandlungserfolg. das wäre ganz und gar nicht im interesse Deines behandlers / therapeuten

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      • Hallo. Danke für deine Antwort. Rein Menschlich gesehen kann ich da voll zustimmen. Mich würde trotzdem interessieren welche Rechte ich da als Patient habe oder auch welche Rechte Ärzte und Angehörige da an meiner Person haben. Denn ob sich jemand aus Menschlichen Gründen oder aus Rechtlichen an meinen Wunsch hält, ist ja nen Unterschied. Man kann ja zb. auch mal wegen einer persönlichen Krise ins Krankenhaus kommen und dann sieht man zunächst erst mal viele Behandler (meist am Anfang auch nur sehr kurzfristig). Dann frage ich mich, was dürfen die, was dürfen die nicht? Ich weiß auch, dass es Krisenpässe für Patienten gibt, die man im Notfall nutzen kann. Aber wie rechtlich bindend Diese sind oder ob sie nur einen psychologischen Effekt für mich und einen Informativen Zweck für Behandler haben, weiß ich auch nicht? Wäre für mich, für das allgemeine Sicherheitsgefühl, sehr interessant zu wissen wie es rechtlich tatsächlich ist ^^ Und die Sache mit dem „nur zuhören“ am Telefon würde ich auch sehr gerne wissen wie es da rechtlich ist. Denn bei der Schweigepflicht sind einem die Dinge ziemlich klar aber es gibt ja keine „Ich darf Angehörigen nicht ohne Erlaubnis des Patienten zuhören Pflicht“ ^^ Wo/Wie ist das geregelt?

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  3. Ich wünsche ebenfalls einen schönen Sommer!
    Als Tipp, um Angehörige eines Patienten eventuell ein wenig besser einzuschätzen, sich einen kleinen Eindruck zu verschaffen, empfehle ich: Hören Sie sich einmal unverbindlich die Ansage des Anrufbeantworters an. Tonfall, Wortwahl usw. verraten eine ganze Menge über eine Person.
    Ein sehr entscheidender Schritt in die Autonomie ist in jedem Fall -denke ich, Selbsterkenntnisse nicht (sofort) mit Angehörigen zu teilen, sondern zunächst bei sich zu behalten und in sich reifen zu lassen. Das Aushorchen des Patienten vonseiten der Angehörigen ist zwar verständlich (Verlustangst, Symbiosewunsch), aber oft auch gerade krankheitsverstärkend und hemmend (vor allem bei Ängsten). Grenzen aufrecht erhalten und verteidigen (Integrität) ist v.a. bei zu Angst neigenden Menschen mit das wirksamste Gegenmittel.

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    • Zudem fände ich von vorn herein eine Gleichstellung von psychisch Krankem und Angehörigen sehr sinnvoll (eigentlich müssten alle behandelt werden). Hier ist die Trennung krank/gesund häufig nicht so eindeutig zu ziehen. Der Kranke ist Täter und Opfer genauso wie der Angehörige mit dem Kranken verstrickt ist. Ein Gesunder ist meist nicht mit einem psychisch Kranken verheiratet und umgekehrt. Daher gerät, sobald einer sich in Behandlung begibt, die ganze Sache schon naturgemäß aus dem Gleichgewicht. Da gibt es nicht die „bösen“ Angehörigen und „guten“ Patienten – im Extremfall. Im Endeffekt müssen alle sich ändern, dass es am Ende wieder passt.

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  4. Ich hab als Patientin in stationärer Psychotherapie andere Erfahrungen gemacht. Ich wurde nicht mal richtig drauf vorbereitet, dass ich plötzlich nach Hause muss. Eigentlich hätte ich zwei Wochen länger da bleiben sollen. Es hat niemanden interessiert, ob ich Zuhause zurecht komme oder nicht. (Ich selbst habe nicht dran gedacht, weil ich dachte Zuhause ist ja Zuhause wird ja alles beim Alten sein. Hatte dann aber einen kleinen Kulturschok und war schon mit Essen besorgen, kochen und putzen total überlastet. Ich sollte nicht in eine Tagesklinik und ich hatte keine ambulante Therapie als Anschluß.) Mit Angehörigen wollte niemand sprechen, obwohl ich ziemlich abgeschottet bin und nur eine Person hatte. Man durfte da auch nicht Zuhause übernachten am Wochenende, auch nicht nach einem Monat. Ohne Übernachten brachte das aber ncihts, weil so gut wie alle Patienten auf meiner Station von weiter weg kamen, entsprechend bekam man dann auch nur ca. alle zwei Wochen Besucht von Angehörigen. Die Patienten, die im Anschluß eine Tagesklinik oder ambulante Angebote hatten, die waren natürlich dadurch besser versorgt.

    Die zweite Hälfte der Folge fand ich super und lehrreich!

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  5. Danke für den Podcast. Jetzt kann ich meine Behandler viel besser verstehen.

    Es schien mir, als wäre hier in dieser Folge die Rede von recht funktionalen Familiensystemen, die halt jetzt nen psychisch Kranken dabei haben und etwas Akzeptanz lernen müssen.

    Meine Lebensrealität sieht leider anders aus und zumindest die Mitpatienten, die ich zu diesem Thema gesprochen habe, hatten ähnliche Problematiken. Oft war die familiär-sozial-finanzielle Situation bzw. soziale Isolation durch diese Situation Grund oder zumindest Auslöser/Verstärker der psychischen Probleme.

    In den meisten Fällen herrschte deshalb therapeutisch begründet wenig Kontakt oder wie bei mir seit Jahren gar kein Kontakt zu event. noch verbleibender Familie.

    D.h. man ist völlig auf sich alleine gestellt oder, im Falle von minderjährigen Patienten, muss womöglich in das krankmachende System zurück. Die Nachsorge ist zumindest in in unserer Psychatrie nicht wirklich vorgesehen, so wie auch die Kommunikation zw. vorherigen Behandlern und dem event. greifenden Nachsorgesystem sich meist auf den Entlassbrief oder bestenfalls kurze Telefonate beschränkt. So ist es dann gar nicht so selten, dass man in einer Krisenzeit im KH von ca 2-3 Monaten bei etwa 24-36 vorgesehenen Kontaktterminen ungefähr ein Dutzend Ärzte/Psychotherapeuten „spricht“ (viele der Termine dauern nur 10, bestenfalls mal 30 min.). Das sind dann z.B.
    1. der einweisende Arzt/Therapeut (Institutsambulanz/Praxis, den kennt man hoffentlich schon länger)
    2. Aufnahmearzt/Therapeut
    3.+4.+5. Arzt + Sozialarbeiter + Therapeut auf der geschlossenen Station, kurz 6. Oberarztkontakt
    7.+8.+9.+10.+11.Arzt + Sozialarbeiter + Therapeut + Bezugspflege + Oberarzt auf der subakut-Station oder PT-Station, bei Wechsel hiernach ist man schon bei 12.-16. Kontaktperson.
    Im Anschluss kommt man vielleicht nochmal in die Tagesklink mit ähnlichem Setting (17.-21.)

    In so einem Zeitraum gab es natürlich mindestens 2-3 mal Urlaubs/Krankheitsvertretung oder sogar eine Kündigung/Ersatz, so dass man locker auf mehr als eine Dutzend Gesichter kommt, zu denen man in irgendeiner Form Vertrauen aufbauen muss.

    Stationen brauchen keine Ärzte. Patienten brauchen Ärzte!

    Selbst, wenn es noch fürsorgliche Angehörige gibt, wie sollen die denn (neben ihrem Job und dadurch späten Ankunftszeiten) bei so vielen Kontakten noch sinnvoll einbezogen werden können? Selbst der (zurechnungsfähige) Patient blickt ja kaum noch durch.
    Grade die sozial/finanziell schwachen „Familien“ (leider ja häufig auch nur noch Alleinerziehende) können sich diese Fürsorge kaum leisten. Natürlich betrifft Psychische Erkrankung alle Gesellschaftsschichten, aber treffen wird es am härtesten immer noch die, die sozial sowieso schon an den Rand gedrängt sind, weil die Ressourcen fehlen, Systemfehler auszugleichen (hier das Zusammenspiel zw. ambulanten Praxen, Therapeuten, Klinik, Tagesklinik, somat. Behandlungen und event. von der Kasse nicht übernommen wichtigen therap. Maßnahmen).

    Hier noch eine Ankedote: die meisten dieser Kontakte im KH lesen natürlich max. das Aufnahmeprotokoll, nicht die komplette Akte. Geht ja auch nicht, bei so vielen Patientenwechseln in so kurzer Zeit. Aufgrund dieses Vorgehens wurden mir schon mehrfach Medikamente vorgesetzt, die ich laut Akte schon erfolglos oder mit heftigen NW eingekommen hatte. Als ich fragte, wieso so vorgegangen wird:“wir wollen uns von ihnen unvoreingenommen ein eigenes Bild machen. Das ist hier im KH X ein übliches Vorgehen“. Was habe ich denn als Mensch mit temporär psychischer Beeinträchtigung vorher verbrochen, demgegenüber man wie auch immer voreingenommen sein könnte, noch dazu als Fachkraft?
    Meine Lösung war, dass ich nach jeder Neudiagnose/Neuverordnung „illegalerweise“ kurz rüber zur Institutsambulanz zu meiner Ärztin gegangen bin, um mich abzusichern, widersprechen zu können und auch mich selber nicht weiter in die Panik reinzusteigern (die mir eine zeitweilige Diagnose psychot. Verhaltens bescherte).
    Nach zweien solcher Aufenthalte in der Psychatrie innerhalb von 1,5 Jahren standen letzlich doppelt so viele Diagnosen als zuvor in meiner Akte (15 Jahre PT/ambulant. Psychatr. Beh. und 4 Aufenthalte in psychosom.KH). Dazu viele, teils sich widersprechende Handlungsempfehlungen.

    Wie soll sich ein Angehöriger/Betreuer bei einem solchen Chaos orientieren können um sinnvolle spezifische Maßnahmen zu ergreifen? Wie kann ein Patient, der als instabil gilt, demjenigen gegenüber ein ganzheitliches Bild vermitteln, wenn er aufgrund der Situation im KH + Erkrankungssymptomen schon destabiliert ist und sich ggf. sogar gegen einen von diesen Behandlern behaupten muss, um nicht (erneut) falsch behandelt zu werden?

    Natürlich hingen im diesem KH schöne Flyer mit Infos zur Einbeziehung der Angehörigen. Allerdings habe ich auf den 3 Stationen in den insgesamt 5 Monaten dort die Empfehlungen kaum in Aktion gesehen. Auch die Selbsthilfegruppe, die beworben wurde, gab es nicht (mehr). Es fehlte einfach an qualifiziertem Personal und Kontinuität. Und das spüren Patienten wie Angehörige massiv.

    Deshalb ist für mich und meine Mitpatienten auch Ihre Aussage, dass es den Patienten in der Klink „gut gehe“ wenig nachvollziehbar. Viele gehen mit dieser zusätzlichen Problemstellung nach Hause: „Was ist (zusätzlich?) noch kaputt/falsch an mir, dass ich von diesem Hilfesystem nicht profitiere?“

    Das wird teils abgemildert durch das erfahrene Pflegepersonal: das arbeitet oft länger in einem KH als Ärzte/Therapeuten, hat natürlich durch Anwesenheit tiefere Einblicke in den Lebensalltag der Patienten und ihre Reaktionen auf die Medikamente. Sie können einem als verunsicherten Patienten dann die Überforderung derselben erklären und auch das übertriebene Vertrauen und die große Zuversicht der oft noch jungen Ärzte in medikamentöse Maßnahmen, was sich ja oft nicht mit den Erfahrungen vieler Patienten deckt, grade wenn diese schon viel ausprobieren mussten, relativieren. So kommt man sich wenigstens nicht verrückt/wahrnehmungsgestört vor – jedenfalls nicht über das Maß der eigentlichen Grunderkrankung 😉

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