PC055 Denkfehler

Im 55. PsychCast unterhalten wir uns über typische Denkfehler, insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen im Bereich der Medizin. Dabei kommen auch die Haupt´schen Theoreme 1 und 2 zur Sprache. Sie lauten:

Erstes Haupt´sches Theorem: „Ein Patient kommt immer mit einer vollständigen Bildgebung der Neuraxis, mit Ausnahme der Region, auf die die klinisch neurologische Untersuchung zwingend hinweist.“ 

Zweites Haupt´sches Theorem: „Von anderen Abteilungen zugewiesene Patienten haben immer ein Krankheitsbild aus dem Gebiet der zuweisenden Abteilung.“

OK, es gibt Ausnahmen bei beiden Haupt´schen Theoremen, aber sie sind erstaunlich selten.

Und wir verweisen auf das Buch “ Die Kunst des klaren Denkens: 52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen“ von Rolf Dobelli (Amazon-affiliate-link)

Viel Spaß beim Hören!

 

10 Gedanken zu „PC055 Denkfehler“

  1. Ein Denkfehler der mir immer wieder bei der Einstellung zum christlichen Glauben auffällt, ist der Bestätigungsirrtum:
    Die Betroffenen neigen dazu, Fakten und Informationen im Sinne bereits vorgefasster Meinungen zu interpretieren. Die Folgen sind weitreichend:
    Die Betroffenen konzentrieren sich zu einseitig auf die von ihnen favorisierte Hypothese, anstatt sorgfältig Gegenargumente zu beachten; sie suchen eher Fakten, die ihre Meinung bestätigen; Argumenten, welche ihre Meinung stützen, geben sie ein höheres Gewicht; und nicht eindeutige Fakten interpretieren sie im Sinne ihrer eigenen Meinung um.
    Sie immunisieren sich gegen andere Meinungen, indem ihr Informationsverhalten darauf angelegt ist, ihre Meinung zu bestätigen, anstatt sie zu überprüfen. Das Resultat sind Vorurteile und das kann gravierende Konsequenzen haben.

    Pestalozzi:
    Zu frühe Urteile sind Vorurteile, aus denen der Irrtum emporsteigt wie der Nebel aus dem Meere.

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  2. Denkfehler, das ist ein ganz heißes Eisen…da kommt schon eine ganze Menge im Laufe der Zeit zusammen! Nummer eins ist -bei mir zumindest- der Wunsch nach Sinn: Ursache-Wirkung oder Karma. An sich stimmt es ja, nur ist fast immer alles zu komplex, um tatsächlich an die „wahre“ Ursache ran zu kommen. Ich arbeite jetzt lieber mit Arbeitshypothesen. Auch habe ich mir mal echt eingebildet Krebs zu haben (Symptome hätten -fast- gepasst, habe mich nicht untersuchen lassen), vermutlich weil in einer Geschichte, die ich gelesen hatte und die mich berührt hat, vorkam, dass man ohne Änderung einer bestimmten Situation eine schlimme Krankheit bekommen müsse… Mein Hausarzt hat mir kopfschüttelnd eine Darmspiegelung spendiert. Danach hatte ich nie mehr Symptome. Es ist oft der Wunsch, alles bestimmen zu wollen, alles im Griff zu haben. Zu akzeptieren, dass man vieles nicht weiß, ist nicht leicht. Jemandem Charaktereigenschaften zuzuschreiben, wenn etwas eigentlich aus der Situation zu erklären ist, ganz typisch. Dagegen hilft das systemische Denken und sich in andere hineinversetzen. Viele Denkfehler beruhen auf Denkfaulheit, immer den einfachsten und kürzesten Weg zu nehmen. Wenn man oft genug auf die Schnauze gefallen ist, lernt man aber doch dazu. Das kurzfristige Denken ist überhaupt fatal (Umwelt, Gesundheit…) Ja und das Gedankenlesen geht auch meistens schief, dem anderen Motive zu unterstellen oder eigene Motive erraten zu lassen…wird aber auch sehr gerne genommen!
    Bitte -von meiner Seite- keine wissenschaftliche Fortbildung, sonst trau ich mich ja gar nichts mehr zu schreiben und das macht mir wirklich großen Spass. Viele Grüße und gute Reise!

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  3. mein persönlicher Lieblingsdenk(erwartungs)fehler

    Ich gehe davon aus das Menschen zumindestens die Grundlagen ihres Jobs verstanden haben.
    Leider werde ich sehr häufig eines Besseren belehrt.

    ein zweiter Denkfehler als Zitat von B.Brecht
    „Wer A sagt muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen das A falsch war.“

    zu Thema Behandlung ohne Ursachenabklärung
    das ist selber ein Denkfehler:
    solange die Ursache der Symptomatik nicht erkannt wird, läuft man Gefahr von Fehldiagnosen und damit einer vorsätzlich Falschbehandlung!
    Aus eigener Erfahrung: dutzende Fachärzte und ein vielfaches an Psychotherapeuten doktern ein Jahrzehnt lang rum. Natürlich ohne was positives zu bewirken und damit automatisch das Gegenteil.
    Bis eine diagnostisch fähige Ärztin endlich mal zuhört und all die hübschen aber halt nicht zutreffenden Diagnose in die Tonne kloppt und eine passende stellt, nach nicht mal 1/2h. s.o.

    Wer sich wissenschaftlich Fortbilden will soll an die Uni gehen. Das hier ist ein anderer Rahmen.

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    • uiuiui, so autoritär! was für ein anderer rahmen? ich finde es spannend zu wissen, daß unsere elektrizität, die wir in in den kabeln haben, frei im all zwischen atmosphären und sonnenwind entsteht, auch wenn ich sogleich die phantastischen physikalischen und chemischen einzelheiten nicht mehr aufzählen könnte…

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  4. Danke für den tollen Beitrag! Hilft, sich immer wieder selbst hinterfragen…

    Zu Eurer Korrektur des Identitätsbegriffs: ich fand’s beim Zuhören auch verwirrend, habe aber wrstmal angenommen, ich hätte vielleicht was verpasst – „..wurde der Begriff in der Psychologie vielleicht inzwischen umdefiniert oder so?“ Hm.. wohl ein Denkfehler von mir: „sind doch Experten- die haben immer Recht“;)).

    Trotzdem hat mich gerade das zum Nachdenken gebracht über Rollen, Identität(en) – auch in verschiedenen Lebensbereichen usw.- also war’s für mich nicht schlimm.

    Diese Definitionsfrage bringt mich gleich zu noch einem ganz simplen Denkfehler, der uns ständig begleitet und zu vielen Kommunikationspannen und Missverständnissen führt-

    der irrigen Annahme, das Gegenüber würde stets das Gleiche wie ich unter den Begriffen verstehen, die ich verwende… gerade bei abstrakten Begriffen wie eben z.B. Identität.. Anderes Beispiel: Selbstbewusstsein… Umgangssprachliche Bedeutung oder die aus der Psychologie, Soziologie, Philosophie, re usw. können da mitunter sehr weit auseinanderliegen. Auch kulturell: „Respekt“ bedeutet z.B. in einer autoritär geprägten Kultur etwas ganz Anderes (=Unterordnung vor dem Höhergestellten, ggfs. auch verbunden mit Angst) als ich es verstehen würde (=iindividuelle Achtung für eine Person aufgrund ihrer Persönlichkeit oder Leistung)..

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  5. Ich finde das Format genau richtig, einfach weil ihr immer wieder Dinge diskutiert, wo ich mit einem : Genau ! Richtig ! So ist es ! antworten möchte , diese Dinge aber anderswo kaum finde.
    Zum Beispiel der Ursache -Wirkung Denkfehler: Wieviel Geld wird für die Diagnostik bei Rückenschmerzen vergeudet, die nichts bringt, um die Ursache zu finden. Eine gute Physiotherapie kann dagegen helfen, ohne dass man genau weiß, was jetzt los ist.
    Oder der Hinweis, dass es eben nicht nur Diagnostische – oder Beziehungsmedizin gibt, es gibt eben auch das therapeutische Herzecho.
    Das neue an dem Format ist für mich das Weitergeben von Erfahrung, die nur entsteht, wenn man erst viel gelernt hat und dann soviel gearbeitet hat, dass man die Unsicherheit des Anfangs überwunden hat. Also die Feinfühligkeit des Ausgebildeten und die Sicherheit des Ungelernt kombiniert. Und irgendwie kann man das nicht durch Bücher oder Vorlesungen vermitteln. Das lernt man nur im Dialog.

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  6. Hatte große Freude an dieser Folge. Bitte plaudert so weiter und versucht noch etwas mehr Geschirrklappern reinzubringen. Perfektion für alle Hörer wird es vermutlich nie geben. Danke euch für das Eingeständnis des begrifflichen Unschärfe in Sachen Folge 53 :-), eine Vorlesung braucht es stattdessen nicht. Wohlfühlen im Graubereich eben..

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  7. Mir gefallen gerade die Folgen gut, in denen ihr nicht im Vorlesungsstil durch das Thema hetzt, sondern gemütlich plaudert und Alltagsbeispiele von euch oder eurer Arbeit besprecht.

    Also bitte nicht aufhören mit der Hemdsärmeligkeit und gerne mit längerer Redezeit. 😉

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  8. Wie immer ein Super-Cast, der in alle menschlichen Handlungen reinreicht, nicht nur uns Mediziner betrifft. Sehr gerne auch ein Trugschluss: Das Pferdegetrappel vor dem Fenster ist bestimmt ein Zebra.

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  9. Hi,
    habt ihr zu der Studie/dem Experiment mit der „Luft in 20 Jahren“ eine Quelle? Nur mit diesen Suchbegriffen kann ich leider nix finden.

    Zum Feedback:
    vorab, ich bin kein regelmässiger Hörer und habe auch mit Psychologie nichts zu tun.
    Ein lockerer Plausch, wie ihr ihn hier macht, bedeutet bei mir den Unterschied zwischen „manchmal hören“ und „gar nicht hören“ :). Vorlesungscharakter wäre für mich nicht geeignet. Allerdings wäre es gut, wenn Spezialbegriffe/Abkürzungen kurz erklärt werden, falls nötig.

    Grüsse, Dennis

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