Viel zu lang haben Alexander und Jan nicht mehr gepodcastet, dafür haben sie sich aber jetzt erstmalig im „real life“, kurz „RL“ getroffen und holen alles auf, was in den letzten Wochen besprochen gehört hätte. Hört das große Update zu:
– DGPPN-Kongress 2015
– Cannabis
– Anti-Pepp-Demo
– Stigmatisierung
– Extremismus und Terrorismus: Krankheit oder Entscheidung
Viel Spaß!
Zum Fall des Germanwings-Piloten würde mich mal euere Einschätzung interessieren, ob es sich um die Folgen von Psychopharmaka-Missbrauch handeln könnte. Nach Medienberichten war der Pilot bei mehreren Psychiatern oder Therapeuten in Behandlung und hatte dadurch evtl. Zugang zu Medikamenten, die (besonders in ungünstiger Kombination) zu suizidalen Handlungen führen können. In den Medien war dazu außer einem Bericht in Telepolis (Autor: Torsten Engelbrecht vom 12.9.2015) m.W. nichts zu lesen.
Wieder mal ein ausgezeichneter PsychCast! Besonders Eure Einschätzungen zu den Themen Cannabis, Stigmatisierung und Terrorismus kann ich absolut nachvollziehen und unterstreichen.
Herzliche Grüße
Peter
Ich bin Weiterbildunggsassistentin und mir wurde psychiatrietogo von einer Kollegin empfohlen. Ich als anachronistische Papier-Buchleserin orientiere mich erst auf diesen Seiten. Zunächst freut es mich, dass es u.a. uns Assistenzärzten möglich ist, sich hier mit psychiatrischen „Cracks“ auseinanderzusetzen! Schließlich ist es bei Chef- und Oberärzten nicht unbedingt üblich, die eigene Sichtweise von Anfängern in Frage gestellt zu wissen :-).
Inhaltlich bin ich überrascht, wie weitgehend homogen die Positionen unter den Kollegen hinsichtlich Cannabis und Co, sind. Nun habe ich nie eine Neigung zum Konsum gehabt, aber konnte doch einige Freunde und Freundinnen von früher Jugend an beobachten. Ich kann nicht anders, als der -auch von Ihnen beiden eingenommenen- Position bezüglich der Kausalität von Konsum und den negativen Veränderungen im Leben, Arbeiten etc. von Konsumenten, zu widersprechen. Ich wage mal, zu behaupten, dass viele Probleme und Verhaltensstörungen bereits VOR Drogenkonsum angelegt waren. Ich finde es bedauerlich, dass gerade in der Suchtmedizin so wenig darauf eingegangen wird, welche Defizite noch zusätzlich der Patient mitbringt, ohne deren Bearbeitung eine dauerhafte Abstinenz kaum erreichbar scheint. In Einzelfällen bin ich sogar davon überzeugt, dass Cannabis eine Krücke (und das kleinere Übel) sein konnte, um mit dem Rucksack an sich verfielfachenden Problemen während der Pubertät, fertig zu werden.
Herzliche Grüße!
Liebe LouAndrea, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich möchte Dir für Deine Rückmeldung und Deinen Beitrag danken und das einfach alles so, genauso stehen lassen (ausser die „Crack“-Sache, Jan ja, aber ich laufe noch unter „Nachwuchs“…)
Lieben Dank, aber ich hatte eigentlich auf ein wenig dialektisch brauchbaren Widerspruch gehofft…;-)
Und keine falsche Bescheidenheit, ich bin zwar zuvor in einem ganz anderen Fachgebiet tätig gewesen, aber als Quereinsteigerin im ersten Jahr Psychiatrie darf ich einen engagierten Facharzt doch als Crack bezeichnen. Es ist übrigens heute eine Chefarztstelle in Duisburg freigeworden, vllt magst Du Dich ja bewerben…;-)
Und zum Thema Terroristen möchte ich gerne auch noch einige Gedanken einbringen…
Die Frage, ob Terroristen/ Massenmörder krank und somit heilbar sind oder nicht, ist eine Frage, die mich schon sehr lange beschäftigt. Zum allerersten Mal, als ich noch als Kind von den Grausamkeiten während der NS-Zeit erfuhr. Denn aus meiner Sicht gab es für das „Böse“ überhaupt keinen vernünftigen Grund und mir war nicht verständlich zu machen, wie Menschen völlig ohne Mitgefühl handeln konnten. An sich ist das soweit ja auch nicht verkehrt, nur war mir als Kind nicht klar, wie formbar die Sicht und Empfindung eines Menschen ist. Ich selbst hätte ja theoretisch auch in einem Klima aufwachsen können, das Mitläufertum und Unterwürfigkeit und Mangel an Rückgrat begünstigt und darüber hinaus eben das Empfindsame und Wohlmeinende in einem Menschen nicht fördert. Zu Erkennen, dass „wir“ Menschen verführbar und in entsprechendem Kontext auch gewissenlos und böse sein können, war sicher eines der Verdienste Hanna Arends im Zusammenhang mit ihren Beobachtungen bei den Nürnberger Prozessen.
Dennoch stellt sich mir immer wieder die Frage, ob – wenn davon ausgegangen werden kann, dass mitfühlen, Altruismus, Gerechtigkeit und Fairness, Teil einer gesunden Persönlichkeit ist, das Fehlen nicht als krank bezeichnet werden muss. Aber: Das Fehlen an Mitgefühl, das aus meiner Sicht Grundvoraussetzung für Massenmord ist, ist im Unterschied zu einer Neigung zu Grausamkeit und Sadismus, vermutlich einem Teil der Menschen evolutionär eigen. So, wie es wohl einen Anteil übermäßig Sensible gibt. Ich denke, so wie besonders Sensible ihre Aufgabe in einer Population hatten, hatten auch die nicht mitfühlenden Personen ihre unsentimentale Aufgabe, Dinge rein „mechanisch“ zu betrachten. Beides sichert einer Population das Überleben, indem es unterschiedliche Blickwinkel der Beurteilung einer Situation erlaubt.
Eine grausame, sadistische Persönlichkeit aber, ist m.E. krank. Bspw. entstanden durch ungünstige, von emotionaler Kälte bestimmte Lebensumstände, kann derjenige nicht anders als das Quälen anderer genießen.
Bis hierhin lassen sich die Gruppen gut abgrenzen. Was aber ist mit einem Jungen, der biographisch mit Gruppen in Kontakt kommt, die in ihm etwas ansprechen, was eben nicht jeder mitbringt, aber gesellschaftlich gesehen doch einige… Den Ungeliebten, den Verlassenen, den Verlierer, den Betrogenen, den Ausgegrenzten, den Gemobbten, den Unterdrückten… Ist einer, der entwicklungsbedingt mit schwachem Selbstwertgefühl und schwieriger Bindungsfähigkeit ausgestattet, sich benachteiligt und unverstanden fühlt, voll Zorn ist, weil er sich ausgeschlossen fühlt, verzweifelt und verletzt ist und deshalb empfänglich ist für Zugehörigkeit, Geborgenheit in einer Gemeinschaft und ihrer Idee, schon krank? Und therapierbar? Ich denke ja. Denn wenn es in letzter Konsequenz, mit aller Dynamik eines Gruppenprozesses, dazu führt, dass er einem unschuldigen, nur andersdenkenden Menschen den Kopf abschlagen kann ohne in einen massiven Konflikt mit sich zu geraten, doch auf jeden Fall! Ohne letztere Aktion würde ich einen solchen Patienten als mindestens neurotisch, aber u.U. bindungsgestört, mit schlechter Impulskontrolle, sozial schlecht eingebunden, aggressiv, mit schlecht ausgebildetem Selbstwertgefühl und narzisstischer Persönlichkeitsstörung ausgestattet, bezeichnen. Biographische Zufälle tun ihr Übriges, um aus ihnen menschliche Katastrophen, wie IS-Kämpfer zu machen.
Auch wenn es mehr soziologische Fragestellungen sind, bedeutet das letztlich für mich, dass über Soziologie, Pädagogik, Psychologie, Politik und Philosophie hinaus, unser aller Menschenbild und unser Umgang mit Einzelnen in jeder dieser Sparten vernetzt eine Rolle spielt, in die Gesellschaft „zurück“ wirkt, so dass ein Ignorieren letztlich von uns allen teuer bezahlt werden muss.
Absetzpsychose bei Cannabisentzug. Stimme ich total zu, habe ich schon öfters im Bekanntenkreis miterlebt, und dies aufgrund des abrupten Absetzen wegen einer Anordnung zur MPU. Jeder den ich kenne hat dies geschafft, nur nicht jeder ohne einen psychischen Schaden davonzutragen. 3 Tage nicht gekifft und behandelt wie mit 1,5 Promille! Kiffer werden verrückt weil sie vom Staat hinterlistig gegängelt werden.
Verbot ja, aber dann bitte auch vernünftig in Bezug auf weitere Konsequenzen. Führerschein weg, in Folge dessen Job weg und sozial Geächtet…na bravo!